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DAS HAFF

folgen Sie den Spuren einer überraschenden
Technikgeschichte

In der heute grünen Urlaubsregions entlang der deutsch-polnischen Grenze lassen sich viele Zeugnisse einer reichen Technikgeschichte finden: interessante Bauwerke, große Namen und Spuren technischer Entwicklungen, die heute in den Geschichtsbüchern stehen.

Anklam – Rollklappbrücke

Die Rollklappbrücke auf der Eisenbahnstrecke von Stralsund über Angermünde nach Berlin überbrückte die Peene in Anklam und öffnete die Durchfahrt für Flussschiffe. Die Besonderheit der Klappbrücke besteht in dem Öffnungsmechanismus. Der amerikanische Ingenieur William Donald Scherzer (1853–1893) entwarf eine Konstruktion, bei der der bewegliche Teil der Brücke auf einem halbkreisförmigen Zahnrad abrollt. Gegengewichte halten die Konstruktion im Gleichgewicht.

Die Brückenkonstruktion wurde 1938 von der Friedrich Krupp AG ausgeführt und gehört zu den ältesten erhaltenen Vertretern dieses Typs.

Als die Deutsche Bahn AG die Brücke von 2011 bis 2013 durch einen den technischen Anforderungen der Strecken entsprechenden Neubau ersetzte, wurde ein Rollklappsegment als technisches Denkmal saniert und neben den Neubau verschoben.

Anklam – Portaldrehkran

Der Portaldrehkran Anklam war ein Prototyp einer Serie von Hafenkränen des VEB (Volkseigener Betrieb) Kranbau Eberswalde. Er wurde als Vollportal-Blocksäulendrehkran mit Wippausleger 1963 entwickelt. Zwischen 1964 und 1967 erfolgte die Aufstellung im Hafen Anklam. Im Januar 1967 nahm er seinen Betrieb auf, zunächst nur stationär. Nach verschiedenen Nacharbeiten war er dann ab Mitte 1967 vollständig einsatzbereit. Bis in die 1990er Jahre tat er seinen Dienst als Hauptstütze des Schütt- und Stückgutumschlags beim VEB Hafenumschlagsbetrieb Anklam. 1983 erfolgte eine Generalreparatur. Bis etwa 2018 war der heute unter Denkmalschutz stehende Kran noch funktionstüchtig. Er hat eine Tragkraft von fünf Tonnen bei einer Ausladung von 7 bis 22 Metern und eine Hubhöhe von ca. 16,5 Metern.

Lassan – Lassaner Mühle

Die Wassermühle in Lassen wurde im 19. Jahrhundert errichtet und war bis ins 20. Jahrhundert hinein eine wichtige Produktionsstätte in der kleinen Ackerbürgerstadt am Peenestrom. Bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts befand sich am heutigen Standort eine Wassermühle. Neben der Fischerei und dem Tischlerhandwerk war das Müllerhandwerk ein wichtiger Gewerbezweig in der landwirtschaftlich geprägten Kleinstadt. Die Müller produzierten Mehl, Schrot und Kleie und belieferten damit die Bäckereien der Stadt. Bis ins Jahr 1930 wurde die Mühle mit Wasserkraft betrieben, danach mit Diesel- und schließlich mit Elektromotoren. Seit 1976 wurde das Mühlengebäude nur noch als Lager für die Stadt genutzt, die technischen Einrichtungen der Mühle blieben jedoch erhalten. Sie bilden heute den Kern des 1988 gegründeten Mühlen- und Heimatmuseums Lassaner Mühle. Es entstand aus einer Initiative interessierter Bürger*innen und ist bis heute das kultur- und technikgeschichtliche Gedächtnis der Stadt.

http://www.museum-lassaner-muehle.de/ 

Eisenbahndampffährschiff „Stralsund“, Wolgast

Die „Stralsund“ ist das älteste noch erhaltene Eisenbahndampffährschiff der Welt. Die auf der Schichau-Werft in Elbing gebaute Fähre wurde am 26. Oktober 1890 in Betrieb genommen, um Eisenbahnen von Stralsund nach Altefähr auf Rügen zu transportieren. Während der Überfahrt nahmen die Passagiere unter Deck in zwei Kajüten Platz. Fahrgäste der I. und II. Klasse saßen im Vorschiff auf rotem Plüschmobiliar, die Kajüten im Stil hölzerner Eisenbahnabteile für die III. und IV. Klasse befanden sich im Achterschiff. Bald waren jedoch größere Fähren erforderlich, um die steigende Nachfrage im Personen- und Güterverkehr zu befriedigen. Die „Stralsund“ wurde im Jahr 1901 nach Swinemünde verlegt und verkehrte zwischen dem Festland und der Insel Wollin. Außerdem wurde sie genutzt, um die sogenannte „Kaiserfahrt“ zwischen Swine und Stettiner Haff von Eis freizuhalten.

Von 1920 bis 1945 stand die „Stralsund“ im Dienst der Deutschen Reichsbahn. In den 1930er Jahren transportierte sie Baumaterialien zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde und im Dezember 1937 brachte sie Raketen vom Typ A 3 von Peenemünde auf die Ostseeinsel Oie. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland nutzte die Fähre in der Nachkriegszeit zum Abtransport von Raketenteilen nach Swinemünde und Stettin. Von Dezember 1945 bis ins Jahr 1990 folgte das Fährschiff dann wieder seiner ursprünglichen Bestimmung und brachte Personen und Güter von Wolgast auf die Insel Usedom. Ende 1991 ging die „Stralsund“ außer Dienst und liegt seit Juni 1997 als Denkmal deutscher Schiffbaukunst aus dem 19. Jahrhundert im Hafen von Wolgast.

Förderverein Dampfeisenbahnfährschiff Stralsund e.V.: https://www.dampffaehrschiff-wolgast.org/ 

Peenemünde – Kraftwerk

Nur 50 Kilometer entfernt von der Geburtsstadt des Flugpioniers Otto Lilienthal liegt Peenemünde. Hier befand sich von 1936 bis 1945 das größte militärische Rüstungs- und Forschungszentrum Europas, die „Versuchsanstalten des Heeres und der Luftwaffe“. Lilienthal sah in der Entwicklung seiner Flugapparate den Weg zu Völkerverständigung und Frieden. Die Nationalsozialisten entwickelten in Peenemünde Raketen als Terrorwaffen gegen die Zivilbevölkerung und brachten die größtenteils von Zwangsarbeiter*innen angefertigten „Vergeltungswaffen“ im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz.

Von den umfangreichen Werkanlagen des 25 km² umfassenden Geländes der Versuchsanstalten ist das Kohlekraftwerk erhalten geblieben. Es diente als Energiezentrale für die Serienproduktion der Raketen und wurde zwischen 1939 und 1942 von der Siemens-Schuckert AG als verklinkerter Stahlbeton-Skelettbau errichtet. Die Kohle wurde auf Schiffen über den Peenestrom direkt im Hafen neben dem Kraftwerk angeliefert. Über eine 200 Meter lange Kranbahn konnte die Kohle in das Brecherhaus zur Zerkleinerung transportiert und anschließend über einen Schrägaufzug zu den Kohlebunkern weitergeleitet werden.

In der Nachkriegszeit wurden die Rüstungsanlagen auf dem Gelände der Versuchsanstalten demontiert und gesprengt. Das Kraftwerk wurde weitergenutzt, um die Energieversorgung der Region zu gewährleisten. Heute befindet sich in dem größten Industriedenkmal in Mecklenburg-Vorpommern das Historisch-Technische Museum Peenemünde.

Zur Chronik des Ortes Peenemünde und der Versuchsanstalten Peenemünde auf den Seiten des Historisch-Technischen Museums: 

https://museum-peenemuende.de/zeitreise/chronik/ 

Die Denkmallandschaft Peenemünde als APP:
https://museum-peenemuende.de/das-museum/die-denkmal-landschaft/

Pudagla – Bockwindmühle

Bockwindmühlen zählen zu den ältesten Mühlentypen Europas. Sie wurden bereits im 12. Jahrhundert in Frankreich verwendet und waren die ersten Mühlen, die in den Wind gedreht werden konnten. Eine Bockwindmühle besteht aus einem Unterbau und dem drehbaren Mühlenhaus. Ein hölzernes Gestell und der senkrecht darauf stehende Hausbaum bilden zusammen den namengebenden Bock. Um diesen herum hängt das Mühlenhaus mit der hölzernen Antriebstechnik für den Mahlstein. Das Mühlenhaus kann mit einem langen Hebel, dem Steert, um den Hausbaum gedreht werden, um die Mühlenflügel nach dem Wind auszurichten.

Seit 1693 steht die Bockwindmühle an ihrem Standort in Pudagla, seit 1779 befand sie sich im Besitz der Müllerfamilie Schmidt. Der erste Mühlenbetreiber aus dieser Familie genoss bis ins Jahr 1810 eine Monopolstellung, da die pommersche Domänenkammer den Mahlzwang verfügt hatte. Sämtliches Korn der Umgebung musste somit in der Bockwindmühle gemahlen werden. Mit der Aufhebung des Mahlzwangs trat die Bockwindwühle dann mit den anderen Mühlen der Umgebung in Konkurrenz. 1936 stellte der Müller den Betrieb ein. Das Gebäude wurde danach als Ferienwohnung genutzt und 1996 schließlich der Gemeinde Pudagla übergeben. Seit 2001 bemüht sich der Verein „Freunde der Bockwindmühle Pudalga“ um den Erhalt des Bauwerks.

Freunde der Bockwindmühle Pudagla e. V.:
http://www.usedom-bockwindmuehle-pudagla.de/chronik.html

Benz – Holländerwindmühle

Holländerwindmühlen wurden im 16. Jahrhundert in den Niederlanden entwickelt. Dort dienten sie als Pumpen bei der Entwässerung in Hochwassergebieten. In Norddeutschland wurden sie als Getreidemühlen eingesetzt. In dem massiven Unterbau können neben den eigentlichen Arbeits- und Lagerräumen auch Wohnräume Platz finden. An der beweglichen Haube aus Holz sind die Flügel an einer Flügelwelle befestigt. Ein Drehkranz ermöglicht es, die Haube zu drehen und damit die Flügel im Wind auszurichten. Mit einem kleineren Hilfswindrad, der Windrose, konnte der Drehvorgang automatisiert werden.

Bei der Holländermühle in Benz handelt es sich um einen sogenannten Erdholländer, weil der Baukörper direkt auf der Erde steht. Sie werden auf Hügeln errichtet, so dass ihre Flügel fast bis zur Erde reichen. Die Benzer Mühle war von 1823 bis 1972 in Betrieb. 1920 erfolgte die Umstellung auf Elektrobetrieb, so dass die Flügel nicht mehr benötigt wurden. Ihren guten Erhaltungszustand verdankt die Mühle dem Maler Otto Niemeyer-Holstein (1896–1984), der das Bauwerk kaufte und renovierte. Heute widmet sich der Verein Kulturmühle Benz ihrem Erhalt. Besucher*innen können hier den Weg vom Korn zum Mehl anhand der alten Maschinen nachvollziehen und im Backhaus einkehren.

Kulturmühle Benz:
http://www.muehle-benz.de/muehle_benz/Willkommen.html

Das Museum Atelier Otto Niemeyer-Holstein:
https://www.atelier-otto-niemeyer-holstein.de/

Lyonel Feininger Tour auf der Insel Usedom:
http://www.papileo.de/index.html

 

Garz, Fliegerhorst

Die Geschichte des heutigen Flughafens Heringsdorf beginnt mit dem „Landflugplatz Swinemünde“ im Jahr 1919. Der Flugplatz am Ufer des Stettiner Haffs zwischen den Dörfern Zirchow und Garz diente der zivilen Luftfahrt, in den 1930er Jahren trainierten hier auch Segelflieger. 1935 übernahm die Wehrmacht den Platz und baute ihn zu einem Fliegerhorst mit Land- und Seeflugplatz aus. Garz war ab Oktober 1936 ein Standort der Küstenjagdstaffel 136 und wurde mit leichten Jagdflugzeugen ausgestattet. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen wurde der Fliegerhorst Garz umgerüstet. Nun waren hier auch Zerstörer wie die Messerschmitt Bf 110 stationiert und verschiedene Verbände der Luftwaffe nutzten das außerhalb der Aufklärer zukünftiger Kriegsgegner liegende Garz zur Umrüstung und zur Erprobung neuer Waffen. Anfang Mai 1945 wurde der Fliegerhorst Garz fluchtartig geräumt und die unbeschädigt gebliebenen Anlagen konnten von der Roten Armee übernommen werden. Von 1960 bis 1990 nutzte die Nationale Volksarmee (NVA) den Flugplatz. Seit 1962 dient er als „Flughafen Heringsdorf“ auch der zivilen Luftfahrt.

Erlebniswelt Hangar 10:
https://hangar10.de/ 

Seebrücke und Standuhr, Ahlbeck

Heringsdorf, Bansin und Ahlbeck sind beliebte Urlaubsziele auf der Insel Usedom. Dank der Eisenbahnanbindung entwickelten sich die kleinen Fischerdörfer im 19. Jahrhundert zu mondänen Seebädern. Sie sind über die längste Strandpromenade Europas mit ihrer „älteren Schwester“, dem schon 1820 gegründeten Ostseebad in Swinemünde verbunden. Adel und Bürgertum prägten die Architektur dieser Orte mit ihren Sommerresidenzen und neben Künstler*innen und Intellektuellen war Usedom auch ein beliebter Urlaubsort von Kaiser Wilhelm II.

Die Seebrücke in Ahlbeck ist das älteste noch erhaltene Bauwerk dieser Art. Seit 1892 lockte der Landungssteg für Dampfschiffe Gäste an den 70 Meter breiten, flach ins Wasser abfallenden Sandstrand. In den folgenden Jahren wurde die breite Plattform in ihrer heutigen Form mit den vier Eckbauten und einem Musikpavillon vollendet.

Ein Wahrzeichen des Ostseebades in Ahlbeck ist auch die 1911 von einer Berlinerin gespendete und von der Berliner Firma Rochlitz gebaute drei Meter hohe Jugendstiluhr. Sie besteht aus einem gusseisernen stabförmigen Unterbau und dem Uhrenkasten für das mechanische Getriebe. Bekrönt wird sie von einer Wetterfahne in Form einer Kogge. Bis zu Ihrer Restaurierung 1990 musste sie wöchentlich mit der Hand aufgezogen werden.

Swinemünde, Fort Gerhard

Zu den Highlights Swinemündes zählt neben dem Leuchtturm auch das in seiner unmittelbaren Nähe gelegene Fort Gerhard. Der Name des Forts geht auf den preußischen Festungsbaumeister Gerhard Cornelius de Walrawe (1692–1773) zurück. Die sogenannte Ostbatterie ist Teil der Festung Swinemünde, die der Festungsbaudirektor Franz von Kleist (1806–1882) in den Jahren 1848-1859 zum Schutz der Hafeneinfahrt bauen ließ. Daneben befindet sich das fünfeckige Fort, das die Festung vor Angriffen von Land schützen sollte. Da sich seitdem die Kriegstechnik rasch entwickelte, baute die preußische Armee die Festung in den 1870er Jahren aus. Dabei entstanden u. a. ein Munitionsbunker, das Pulvermagazin, Kasernenbauten und Panzerkasematten. 

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Forts teilweise abgerüstet und von der deutschen Kriegsmarine als Lager genutzt. Nach 1945 wurde die Festung von der Sowjetarmee übernommen und 1962 an die Stadt Swinemünde übergeben. Als diese keine Verwendung mehr für die Bauwerke hatte, begann deren Verfall. 

Seit 2001 sind die Befestigungsanlagen für Besucherinnen und Besucher zugänglich und seit 2010 zeigt das Muzeum Obrony Wybrzeża (Museums für Küstenverteidigung Swinemünde) hier eine Ausstellung zur Militärgeschichte.

Nach dem Besuch in Swinemünde lohnt es sich, einen nicht weniger interessanten Ort der Militärgescichte zu besichtigen: die „Batterie Vineta“ auf der Insel Wollin. Wenige Kilometer von Fort Gerhard entfernt, stoßen sie hier auf ein Netz unterirdischer Bunkeranlagen. Sie wurden von der deutschen Kriegsmarine errichtet und im Kalten Krieg von der polnischen Volksarmee weitergenutzt.

Lubin, Türkissee

Der Türkissee ist kein natürliches Gewässer. Es handelt sich dabei um eine geflutete Kreidegrube, die zur Portlandzementfabrik des Stettiner Unternehmers Johannes Quistorp (1822–1899) im nahgelegenen Lebbin (Lubin) gehörte. Die Fabrik war zeitweilig die größter ihrer Art in Europa und beschäftigte rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die hier abgebaute Kreide wurde von der Grube mit einer Luftseil- und einer Schmalspurbahn zum nahegelegenen Hafen der Fabrik in Wapnica (Kalkofen) befördert. Dort wurde sie auf Lastkähne verladen. 

Die Grube war bis Ende des Zweiten Weltkrieges in Betrieb. Am 5. Mai 1945 demontierte die Rote Armee die Anlagen des Zementbetriebes. In der Folge füllte sich die 21 Meter tiefe Grube allmählich mit Grundwasser. Der so entstandene See wurde von den Einwohnerinnen und Einwohnern zuerst als „Restloch“, dann als Smaragdsee bezeichnet. Heute ist das an seiner Oberfläche blau-grün schimmernde Gewässer als Türkissee bekannt und gilt als beliebtes Ausflugsziel im Nationalpark Wollin. Am Südufer des 6,74 Hektar großen Sees befindet sich der Piaskowa Góra (Sandberg). Dieser Aussichtspunkt bietet eine freie Rundsicht auf den See, das Dorf Wapnica und den Lebbin-Kalkofener Hügel. Der Türkissee ist ein Wegpunkt auf der blauen Wanderroute an Ostsee und Stettiner Haff.

Ein dem Türkissee vergleichbarer Ort findet sich im Stettiner Stadtviertel Zdroje. An der Stelle des dort gelegenen Smaragdsees, bis 1945 Hertasee genannt, entstand 1862 eine Kreidegrube. Sie wurde am 16. Juli 1925 geflutet, als eine Grubenwand bei Bauarbeiten versehentlich leckschlug. Bei dem plötzlichen Wassereinbruch kam zum Glück niemand ums Leben, aber bis heute finden sich Überreste der Bergbaumaschinen auf dem Seegrund. Eine kleine Betonbrücke in Ufernähe erinnert an die Schmalspurbahn, mit der hier einst die Kreide befördert wurde.

Szczecin, Rollklappbrücke

Haff Stettin Klappbrücke A3 2

Die Stettiner Rollklappbrücke ist die einzige erhaltene Eisenbahnklappbrücke mit einem mechanischen Antrieb in Europa. Die Brücke wurde 1877 parallel zum Bau der Bahnstrecke Breslau – Stettin errichtet. Ursprünglich war auf dem fünften Pfeiler eine Drehbrücke eingebaut. Höhere Verkehrslasten und der zunehmende Schiffverkehr machten 1936 den Bau einer zweigleisigen Klappbrücke erforderlich. Wie bei der Rollklappbrücke in Anklam griff man dabei auf das Patent des amerikanischen Ingenieurs William Scherzer (1858–1893) zurück. Jedes Gleis verfügt über einen unabhängigen beweglichen Überbau, der sich mechanisch, im Notfall aber auch per Hand, anheben lässt. Die Stahlbrücke ist 261,8 Meter lang. Sie besteht aus drei Stahlfeldern mit einer Stützweite von je 73,8 Metern, einer Klappe mit einer Stützweite von 17,35 Metern und einem 16 Meter hohen Blechträger. Die Klappe wiegt 163 Tonnen. Die über 70 Jahre alte Klappvorrichtung funktioniert bis heute zuverlässig. Der Elektromotor aus dem Jahr 1935 öffnet und schließt die Klappe innerhalb von zwei bis vier Minuten. An der Nordseite der Klappbrücke ist über dem Gleis ein über 100 Tonnen schweres Gegengewicht angebracht. So lässt sich das schwere Gewicht der gesamten Brückenkonstruktion mit der geringen Motorleistung von 27 kW anheben. Die Klappe wird mit zwei Zahnrädern geöffnet und geschlossen.

Stettiner Unterwelten – eine Tour durch die Luftschutzbunker

 

Tief unter dem Hauptbahnhof Stettin befindet sich die größte Zivilschutzanlage Polens. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg erbaut. Dabei wurden unterirdische Teile vorhandener Wehranlagen aus dem 18. Jahrhundert genutzt. Die gesamte Anlage besteht aus einem auf mehrere Ebenen verteilten unterirdischen Labyrinth von Gängen. Der längste ist circa 100 Meter lang und die gesamte Bunkeranlage umfasst 3000 Quadratmeter. 

Bis Kriegsende diente die Anlage dem Schutz der Zivilbevölkerung von Stettin und hieß damals Stettin HBF-Kirchplatz. Nach 1945 wurde sie in einen Atomschutzbunker umgewandelt, in dem noch in den 1990er Jahren Schulungen des Zivilschutzes stattfanden.

Bis zu 5000 Leute sollten bei den Bombenangriffen hier Schutz finden. Der Luftschutzraum liegt circa fünf Stockwerke unter der Erde, seine Stahlbetonwände und seine Decke sind fast drei Meter stark.

Teile der Bunkeranlage – u. a. das Treppenhaus, das unter die Erde zum Bunker führt – wurden von dem deutschen Bauingenieur Ulrich Finsterwalder (1897–1988) entworfen. Er ist in der Region auch für seine Betonschiffe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bekannt. 

Der Weg in die Stettiner Unterwelten ist über zwei Eingänge möglich: direkt an den Gleisen auf der Bahnhofsseite und auf der stadtzugewandten Seite am Zawisza-Czarny-Platz. Für interessierte Besucherinnen und Besucher werden zwei Thementouren angeboten: „Der 2. Weltkrieg“ führt das Leben im Bunker während der Bombenangriffe auf anschauliche Weise vor Augen und erläutert Aufbau und Technik des Bauwerks. Die Tour „Kalter Krieg“ vermittelt die Geschichte des Bunkers in der Nachkriegszeit.

Stettiner Technikdenkmäler im Hafen

 

Bootstouren ermöglichen einen besonders guten Blick auf die Technikdenkmäler im Stettiner Hafen. Sie führen zu den „Kranosauriern“, die auf dem Kai der Łasztownia (Lastadie) stehen, zur ehemalige Schiffsbauwerft „Vulcan“, zum Getreidespeicher „Ewa“ und zum Rumpf des sogenannten „Betonschiffs“, das im Dąbie-See auf einer Sandbank aufliegt.

Szczecin, Hafenkräne

„Kranosaurier“ nennen die Stettiner*innen die auf dem Kai stehenden Hafenkräne. Sie wurden 1929 aus Stahl von der Firma Krupp und in der Zwischenkriegszeit im Stettiner Hafen genutzt. Damals waren ihre Kabinen noch aus Holz. Es lohnt sich, weiter am Ufer entlang in Richtung des ehemaligen Freihafens zu fahren, um dort die historischen Hafenlager aus den 1920er und 1930er Jahren zu besichtigen.  

Szczecin, Getreideelevator „Ewa“

Der Getreidespeicher „Ewa“ im Hafen wurde 1935 gebaut als der damals größte moderne Getreidespeicher aus Eisenbeton in Europa. Er besteht aus drei unabhängig voneinander aufgestellten Baukörpern: dem „Turm“, in dem sich der Maschinenraum mit einer Höhe von 60 Metern befindet und zwei tieferliegende Lagerräume mit einer Höhe von 50 Metern. Drei Stockwerke des Speichers liegen unter dem Oderspiegel. 

Der Getreidespeicher „Ewa“ ist ein gut erhaltenes Beispiel der modernen Architektur der 1920/40er Jahre. Aufgrund seiner Größe und seiner exponierten Lage wurde er zu einem begehrten Motiv auf Ansichtskarten, Fotografien, Plakaten und in der Landschaftsmalerei.

Vulcan-Werft und Stettiner Oderwerke

Auf der anderen Uferseite befinden sich die ehemalige Schiffsbauwerft „Vulcan“, die „Stettiner Oderwerke“ (nach 1945: A-Warski-Werft Stettin) sowie die Werft „Gryfia“. Die Stettiner Werft entstand 1948 auf dem Gelände, das seit 1857 von der Schiffsbauwerft „Vulcan“ genutzt wurde. Dort wurden weltbekannte Passagierdampfer, Linienschiffe, gepanzerte Kampfschiffe und Kreuzer für die Kriegsmarine, aber auch Dampflokomotiven hergestellt. Die Bootstour zu den Werften im Stettiner Hafen führt vorbei an dem gut erhaltenen Uhrenturm aus den 1920er Jahren, an riesengroßen Portalkränen, Hellingen sowie zu dem an der Hellinge „Vulkan“ stehenden gigantischen Portalkran mit einer Tragkraft von 450 Tonnen und einer Spannweite: 98,5 Metern. 

Betonschiff „Ulrich Finsterwalder“ auf dem Dąbie-See

Der 90 Meter lange Rumpf des Betonschiffs liegt auf dem Dąbie-See bei Inoujście (Ihnamünde). Dieser Frachter war für die Seeschiffsfahrt bestimmt und liegt heute auf einer Sandbank auf. 

Schiffe aus Beton wurden in der Zeit des Zweiten Weltkriegs gebaut, als Mangel an Stahl herrschte. Am Stettiner Haff dienten sie zum Transport von synthetischen Kraftstoffen, u.a. aus den Hydrierwerken Pölitz. Damals wurden vermutlich sechs Schiffe dieser Art gebaut, die genaue Zahl ist jedoch unbekannt. Der deutsche Bauingenieur Ulrich Finsterwalder entwarf das Schiff in Schalenbauweise aus Beton. Gebaut wurde es in einer Werft in Darłówek (Rügenwaldemünde), einem Stadtsteil von Darłowo (Rügenwalde). Betonschiffe wurden kieloben gebaut, um den Leichtbeton und die Armierung aus etwa vier Millimeter starkem Drahtgeflecht gut auf die Schalung bringen zu können. Der Außenputz bestand aus glatt geschliffenem Hartbeton. Anschließend drehte ein Kran den Rumpf und hob ihn ins Wasser. Heute noch bekannte Schiffe dieser Art liegen in der Wismarer Bucht und am Rostocker Warnowufer.

Hydrierwerke, Police

2.3.16 Police

Geheimnisvolle Ruinen in Pölitz (Police) bei Stettin ziehen seit Jahrzehnten die Geschichtsinteressierten an. Die im Dickicht von Sträuchern und Bäumen versteckten Reste von ehemaligen Produktionshallen, technischen Anlagen sowie unter Wasser stehende unterirdische Gänge erinnern an die ehemaligen Hydrierwerke Pölitz A.G. Die Fabrik zur synthetischen Benzinherstellung war eine von 12 Fabriken, die von der IG Farben erbaut wurden. Zu Kriegszeiten wurden in Pölitz rund 20 Prozent des deutschen Gesamtverbrauchs an synthetischen Treibstoffen produziert. Der hochwertigste Kraftstoff war für die Luftwaffe, der qualitativ sehr gute für die U-Boote und die Benzinsorten mit einer etwas minderen Qualität für die Schiffe der Kriegsmarine bestimmt. Schwerbenzin, Öle und Schmiermittel wurden von den Panzern und Fahrzeugen der Wehrmacht verbraucht. Nebenprodukte wie Teer, Ruß und Abfälle wurden von der pharmazeutischen Industrie verarbeitet. 

Mit dem Bau der Werke wurde 1937 begonnen. Auf einem ausgedehnten Areal zwischen Pölitz und Jasenitz (Jasienica) erstreckte sich eine komplizierte Industrieanlage. Das 150 Hektar große Gelände bestand aus Destillationstürmen, Produktionshallen, einigen riesengroßen Behältern, Wasserbecken, unzähligen Luftschutzbunkern, unterirdischen Kanälen für Rohrleitungen, unter- und oberirdischen Rohrleitungen, Silos und Brunnen sowie dem Bahnhof mit seinen Rampen. Die Werke beschäftigten circa 15.000 Arbeiterinnen und Arbeiter. In der Kriegszeit arbeiteten hier außerdem 20.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die in mehreren Arbeitslagern, darunter eine Strafkompagnie auf dem „Wohnschiff Bremerhaven“ für 100 polnische Arbeiterinnen und Arbeiter, untergebracht waren. Seit Juni 1944 wurden in Pölitz auch Häftlinge aus dem KZ Stutthof eingesetzt. 

Die Hydrierwerke wurden schon seit September 1940 zum Ziel schwerer Luftangriffe der Alliierten. Dennoch wurde die Produktion erst am 8. März 1945 eingestellt. Nach Kriegsende wurden die intakten Anlagen von der Sowjetarmee demontiert. Heute wird das Gelände vom Verein der Freunde von Pölitz (Stowarzyszenie Przyjaciół Ziemi Polickiej "SKARB") betreut, der geführte Touren in den Ruinen der ehemaligen Werke anbietet.

Lokschuppen, Pasewalk

Mit dem Bau der Eisenbahnlinie von Berlin nach Stralsund und der Zweigbahn nach Stettin im Jahr 1863 erhielt die pommersche Kleinstadt Pasewalk Anschluss an das Eisenbahnnetz. Den Ausschlag für die Anbindung gab das Militär, zugleich begünstigte sie die Entwicklung der Ackerbürgerstadt zur Handels- und Industriestadt in der Gründerzeit des Deutschen Kaiserreichs. In Pasewalk kreuzten sich die Eisenbahnlinien in Nord-Süd- und in Ost-West-Richtung.

Zusammen mit dem Bahnhofsgebäude wurde im Jahr der Streckeneröffnung auch ein rechteckiger Lokschuppen mit drei Einfahrten und einer vorgelagerten Drehscheibe errichtet. Mit der wachsenden Bedeutung des Bahnhofs wurden die Betriebsgebäude erweitert. Der erste Lokschuppen wurde 1896 durch einen Ringlokschuppen mit 12 Ständen ersetzt. Bis 1925 wurde das Halbrund auf 28 Stände erweitert. Sie dienten als Betriebs- und Reparaturwerkstätten für Dampflokomotiven.

Von den Zerstörungen Pasewalks im Zweiten Weltkrieg blieb das Bahnhofsgelände weitestgehend verschont, jedoch verlor die Zweigbahn nach Stettin durch die neue Grenze zu Polen an Bedeutung. In der DDR wurde die Strecke von Berlin nach Stralsund zweigleisig ausgebaut und Pasewalk blieb ein wichtiger Rangierbahnhof. 1997 nahm die Deutsche Bahn das Bahnbetriebswerk in Pasewalk außer Betrieb. Seit 2003 betreibt der Verein Lokschuppen Pomerania hier das Eisenbahnerlebniszentrum.

Ziegelei, Ducherow

Das Bauen mit Ziegeln aus Ton und Lehm zählt zu den ältesten Kulturtechniken der Erde. Im 12. Jahrhundert verbreiteten Mönche das Wissen über die Ziegelherstellung in Norddeutschland, im Spätmittelalter bildet sich mit der Backsteingotik in den Hansestädten an Nord- und Ostsee ein eigener Baustil heraus. Am Stettiner Haff herrschten geologisch günstige Voraussetzungen für die Ziegelproduktion. Der Tonreichtum und die Nähe zu den Wassertransportwegen führte zu einem sprunghaften Anstieg von Ziegeleien und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte hier die industrielle Massenproduktion in modernen Ziegelfabriken ein. Ausschlaggebend dafür waren die 1854 von Carl Schlickeysen (1824–1909) eingeführte Ziegelpresse und die Erfindung des Ringofens durch Friedrich Eduard Hoffmann (1818–1900) im Jahr 1858.

Ein Zentrum der Ziegelproduktion befand sich in Uckermünde. Um 1900 gab es auf dem Gebiet der Stadt am Stettiner Haff 30 Ziegeleien, weitere befanden sich in unmittelbarer Nähe in Liepgarten, Bellin und Berndshof. Sie profitierten von der gestiegenen Nachfrage in der Gründerzeit und exportierten Ziegel – westlich des Flusses Uecker wurden rote, auf der anderen Seite gelbe Steine gebrannt – in andere Gebiete Pommerns und nach Berlin. Das wirtschaftliche erfolgreichste Jahr dieser Ziegelhochburg war 1927. Damals verzeichneten die Ueckermünder Ziegeleien eine nie wieder erreichte Rekordzahl von mehr als 88 Millionen Steinen – rund 1.000 Menschen lebten von diesem Geschäft.   

Auch die um 1890 errichtete Ziegelei bei Ducherow zählt zum näheren Einzugsgebiet der Ueckermünder Ziegeleien. Hier wurde Ton aus der Grube Heidberg in einem Hoffmannschen Ringofen gebrannt. Der Ton wurde von Hand gestochen und mit einer Pferdebahn zum Ofen transportiert. Um 1900 wurde eine Schmalspurbahn zum Kleinbahnhof Ducherow verlegt, um die fertigen Ziegel abzutransportieren. In der DDR wurden die Ziegeleien der Umgebung zum VEB Ziegelwerk Ducherow zusammengeschlossen und der Betrieb mitsamt der Transportbahn modernisiert. Die letzten Ziegel in Ducherow wurden im Oktober 1992 gebrannt. 

Eisenbahnhubbrücke, Karnin

Bereits von 1876 bis 1945 war die Insel Usedom über eine Eisenbahnbrücke mit dem Festland verbunden. Usedom entwickelte sich in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs zum beliebten Urlaubsort. Über Angermünde und den Bahnhof Ducherow konnten Berliner damals nach Swinemünde reisen und von dort die Ostseebäder in Ahlbeck oder Heringsdorf erreichen. An diese Bahnverbindung erinnert heute das technische Denkmal der Karniner Brücke mitten im Peenestrom. Die 1934 fertiggestellte Hubbrücke galt damals als modernstes und größtes Bauwerk seiner Art. Es ersetze eine Drehbrücke und funktionierte nach dem Prinzip eines Fahrstuhls. Um Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen, zog ein Motor das bewegliche Mittelteil der Brücke mit Hilfe an Seilen hängender Gegengewichte in die Höhe. Am 29. April 1945 öffneten Truppen der deutschen Wehrmacht die Brücke und sprengten deren feste Teile, um den Vormarsch der Roten Armee zu verlangsamen. Das Hubteil blieb dabei weitestgehend unbeschädigt.

Für die touristische Entwicklung der Insel war die Brücke von großer Bedeutung. Außerdem wurde Usedom in den 1930er Jahren ein wichtiger Militärstandort. Heute führt der Weg von Berlin nach Usedom über die Peenebrücke bei Wolgast. Ein Wiederaufbau der Karniner Brücke würde die Fahrtzeit der Bahn von vier auf zwei Stunden reduzieren.